Gestrandete Wale

Im vergangenen Winter kamen 28 junge Pottwale an den Küsten der südlichen Nordsee ums Leben.
Die jungen Bullen waren auf dem Weg vom Europäischen Nordmeer vor Norwegen zu den Paarungsgebieten rund um die Azoren, als sie von ihrem Weg abkamen, und in den flachen Küstenbereichen der südlichen Nordsee die Orientierung verloren und strandeten.
Strandungen von Walen, auch hier in der Nordsee, kommen immer wieder vor. Die Menge der gestrandeten Tiere ist jedoch ungewöhnlich.
Machen Sie sich nun auf, die Szenerie zu erkunden.
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Im vergangenen Winter kamen 28 junge Pottwale an den Küsten der südlichen Nordsee ums Leben.
Zwar kommen Strandungen immer wieder vor, die Menge der gestrandeten Tiere ist jedoch ungewöhnlich.
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Biologie der Pottwale
Die sanften Riesen mit der eckigen Stirn.

Pottwale (Physeter macrocephalus) sind die größten Zahnwale der Welt. Sie sind in allen Weltmeeren anzutreffen. Die Bullen werden bis zu 18 Meter lang, Weibchen erreichen nur 12 Meter Länge. Da die sanften Riesen mit der eckigen Stirn kaum natürliche Feinde haben, vermehren sie sich nur langsam. Die Weibchen bringen meist nur alle vier bis sechs Jahre ein Kalb zur Welt. Pottwale fressen bevorzugt Tintenfische, darunter auch Riesenkalmare, die sie in großen Tiefen aufspüren. Daneben fand man in Pottwalmägen auch Haie, Rochen und andere in der Tiefe lebende Fische. Pottwale können vermutlich bis 3.000 Meter tief tauchen und über zwei Stunden unter Wasser bleiben. Im Normalfall gehen die Lungenatmer selten tiefer als 1.000 Meter und bleiben nicht länger als 30 bis 45 Minuten unter Wasser.

Durch den Walfang sind die Pottwal-Bestände in allen Meeren stark geschrumpft. Noch in den 60er Jahren lag die Abschussrate bei 25.000 Tieren jährlich. Von dieser Bejagung haben sich die Pottwale seit dem Ende der Jagd 1982 nicht wieder erholt. Von einem geschätzten Anfangsbestand von 1,1 Millionen Tieren ist weltweit ein Restbestand von ca. 360.000 Tieren übrig geblieben.

Vor Europa kommen Pottwale vor allem in drei Regionen vor: bei den Azoren, der Insel Madeira und rund um die Kanarischen Inseln. Hier halten sich überwiegend Weibchen mit Jungtieren auf. Bullen im Alter von 18 bis 21 Jahren verlassen das Gebiet Richtung Norden. Vor Nord-Norwegen trifft man ausschließlich auf männliche Pottwale, die hier die Sommermonate verbringen. Dort hat sich rund um das Wale-Beobachten, das sogenannte „Whale watching“, ein eigener Tourismus-Zweig gebildet, der ertragreicher ist, als die Waljagd der Jahrzehnte zuvor.


Die Kadaver
Eine halbe Kilotonne Sondermüll?

Ein ausgewachsener männlicher Pottwal kann über 50 Tonnen wiegen. Die gestrandeten, jungen Pottwalbullen brachten es bereits auf zwölf bis 18 Tonnen Gewicht.
Meist sinkt ein toter Pottwal auf den Grund des Meeres, um von den dort lebenden Organismen zersetzt und so wieder dem Nahrungsnetz zugeführt zu werden.
Die Verwesung großer Wale beginnt durch das Zutun von Bakterien im Inneren der Tiere. Die dabei entstehenden Faulgase finden, abgesehen von den natürlichen Körper­öffnungen - ja, ein toter Wal gibt eine Menge merkwürdiger Geräusche und Gerüche von sich - kaum einen Weg durch die isolierende dicke Fett- und Hautschicht. Manchmal baut sich im Inneren des Wals ein so starker Druck auf, dass der gesamte Kadaver buchstäblich explodiert.
Der kleine Schnitt an der Unterseite des Pottwals dient also praktisch als „Überdruckventil“ und verhindert solche Explosionen.

Aber leider ist diese akute Explosionsgefahr nicht das einzige Problem mit dem toten Wal.

Dass unsere Meere und Strände in achtlos entsorgtem Plastikmüll ersticken, ist für jedermann ersichtlich, doch eine weitere allgegenwärtige und große Gefahr bleibt unsichtbar: Wale (und andere Meereslebewesen) nehmen mit ihrer Nahrung auch Schadstoffe wie z.B. Schwermetalle auf. Selbst in den scheinbar entlegensten Gegenden und den tiefsten Tiefen der Meere finden sich durch Menschenhand erschaffene Umweltgifte. Die Menge an Giftstoffen, die ein Wal im Laufe seines Lebens über die Nahrung aufnimmt und in seiner immensen Körpermasse speichert, ist enorm. Im Fall dieses jungen Pottwals würde der Strand­abschnitt, auf dem er ver­rot­tet, mit entsprechenden Gift­mengen belastet. Damit dies nicht passiert und um mögliche Kontaminationen durch den Verwesungsprozess zu vermeiden, werden gestrandete tote Wale abtransportiert und ihr Fleisch in der Tierkörper­beseitigung gefahrlos entsorgt. Häufig zeigen Museen, Universitäten oder andere Bildungseinrichtungen Interesse am Skelett der Wale.
Finden die Wale länger keine Nahrung, werden die körper­eigenen Fett­reserven abgebaut - und so können die Schadstoffe im Körper freigesetzt werden.
Fast schlimmer als der Tod mit leerem Magen ist jedoch, dass in den Mägen einiger der Wale bei der Obduktion große Mengen Plastikmüll und in einem Fall Teile eines Fischernetzes gefunden wurden. Tierärzte und Biologen vermuten, dass die Aufnahme dieses Mülls für die betroffenen Wale große gesundheitliche Probleme zur Folge gehabt hätte.
Wenn sie nicht gestrandet und qualvoll verendet wären.


Sackgasse Nordsee
Warum stranden Pottwale in der Nordsee?

Pottwale orientieren sich mit Hilfe der Echoortung. Dabei sendet der Wal pulsartige Schallwellen aus und verschafft sich ein „Bild“ vom zurückkehrenden Echo. Kommen die Tiere auf dem Weg in die südlichen Regionen vom Weg ab, droht ihnen große Gefahr: wenn sie in die Nordsee gelangen, haben sie sich bereits nördlich von Großbritannien verschwommen. Anstatt nordwestlich an Schottland und Irland vorbei zu schwimmen, geraten sie auf einen östlichen Kurs. Über die Gründe dieses Fehlverhaltens gibt es zahlreiche Theorien:

Umweltverschmutzung

Pottwale sind hoch mit Umweltgiften belastet. Finden die Wale länger keine Nahrung, so werden die körpereigenen Fettreserven abgebaut und dabei große Mengen der Schadstoffe im Körper freigesetzt. Ob die hohen Giftgehalte z.B. von Cadmium, Quecksilber oder PCBs (polychlorierte Biphenyle) auch zur Beeinträchtigung der Orientierungsorgane beitragen, ist nicht sicher. Fest steht aber, dass tote Tiere aufgrund des hohen Giftgehaltes als Sondermüll behandelt werden müssen. Greenpeace fordert, den Eintrag solcher langlebigen, sich anreichernden Gifte sofort zu verbieten.

Lärmbelastung

In vielen Regionen der Meere herrscht unter Wasser großer Lärm. Im nördlichen Bereich der Nordsee stehen zahlreiche Öl- und Gasplattformen, die Unterwasserlärm verursachen.. Speziell seismische Bodenuntersuchungen sind so laut, dass sie auch die Hörorgane und damit den Orientierungssinn der Wale schädigen können. Es gibt Untersuchungen, dass Pottwale durch ungewohnte Geräusche verschreckt werden. Es ist möglich, dass Pottwale durch den Lärm ihren Kurs ändern und sich so in die Nordsee verirren. Greenpeace fordert für mit Lärm verbundene Aktivitäten im Meer Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen, um eine Schädigung der Meerestiere auszuschließen.

Andere Einflüsse

Einer wissenschaftlichen Untersuchung nach sollen Pottwalstrandungen häufiger während der sich ändernden Sonnenaktivität alle elf Jahre auftreten. Dies wird begründet mit dem Einfluss der dann verstärkt auftretenden Sonnenflecken auf das Erdmagnetfeld (Erdmagnetfeldstörungen).

Weitere Bedrohungen

Seit dem Jahr 2000 töten japanische Walfänger wieder Pottwale im Nordpazifik und verstoßen damit gegen ein weltweit geltendes Walfang-Moratorium. Pottwale sterben zunehmend in Fischereinetzen auch in sogenannten „Geisternetzen“, die herrenlos durch die Meere treiben. Auch Kollisionen mit Schiffen kommen vor.

Gestrandete Pottwale
Irrgäste vor der Nordseeküste

Bei ihren Wanderungen aus den nördlichen Regionen des Nordostatlantiks vor Norwegen hinunter in die südlichen Paarungsgebiete bei den Azoren verirren sich Pottwalbullen manchmal bis in die flache südliche Nordsee. Wenn die Tiere dann vor Dänemark, Deutschland, Großbritannien oder den Niederlanden in Küstennähe geraten, sind sie in sehr großer Gefahr zu stranden. Es scheint schwierig, aber nicht unmöglich, dass Pottwale wieder aus der Nordsee in den Atlantik zurück schwimmen.

Machen Sie sich nun zusammen mit Greenpeace-Experten auf, und informieren Sie sich über die Pottwalstrandungen vor der Nordseeküste.

Wandern & Verirren
Immer häufiger geraten Pottwale in die Nordsee

Beobachtungen der Pottwale bei den Azoren und vor Nord-Norwegen zeigen, dass die Pottwale der nördlichen Halbkugel zwischen diesen Gebieten hin und her wandern. Da sie in der Tiefsee jagen, sind für die Pottwale flachere Meeresgebiete wie z.B. in der südlichen Nordsee eine Gefahr. Sie finden dort nicht genug zu fressen und ihr Ortungssystem, das Sonar, warnt sie nicht vor flachen Stränden oder seichten Prielen.

In den letzten Jahrhunderten sind immer wieder Pottwale in der Nordsee gesichtet worden. In den letzten Jahren nahm die Zahl aber deutlich zu: Allein in den 90er Jahren wurden rund 100 Pottwale in der Nordsee gesichtet. Sind sie erst einmal gestrandet, ist ihr Schicksal besiegelt - entweder sie erleiden durch ihr großes Eigengewicht innere Verletzungen oder sterben durch fehlende Kühlung an innerer Überhitzung. Der Todeskampf ist langwierig und qualvoll. Solange sich der Wal in einer ausreichenden Wassertiefe befindet, kann er möglicherweise noch gerettet werden, indem er vorsichtig durch gezielten Geräusche, z.B. von Bootsmotoren, wieder hinaus auf das offene Meer und damit in tieferes Wasser geleitet werden kann.

Aktivisten vor Ort
Welche Rolle spielt Greenpeace?

Im Jahr 1998 gelang es unseren Aktivisten zusammen mit der Küstenwache, drei Pottwale vor dem sicheren Ende in den flachen Küstengewässern vor Nordfriesland zu retten.
In diesem Winter kam für viele Pottwale, die an den englischen, niederländischen, französischen und deutschen Küsten gestrandet waren leider jede Hilfe zu spät.
Wir sind Anfang 2016 vor Ort, um uns ein Bild von den Strandungen zu machen.

Greenpeace-Aktivisten decken Misstände auf und fordern positive Veränderungen ein.
Ein großer Teil dieser Aktionen spielt sich in den Küstengebieten und Meeren ab. Neben unseren vier großen Schiffen - der Rainbow Warrior III, dem Eisbrecher Arctic Sunrise, der Esperanza und der Beluga II - verfügen wir über eine große Flotte von Schlauchbooten. Unsere Skipper, allesamt Aktivisten, die teils ehrenamtlich und teils hauptberuflich bei uns arbeiten, gehören dabei zu den erfahrensten Schiffsführern weltweit.
Neben dem Führen von Schiffen, gibt es natürlich noch eine ganze Menge weiterer Aufgaben für unsere Aktivisten.

Sie wollen auch etwas tun? Mach mit!


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Textredaktion:
Lisa Otte

V.i.S.d.P.:
Michael Pauli

Produktion:
Kubikfoto³ GmbH
www.kubikfoto.de

Stand: Juni 2016

Bildnachweis:
Holger J. Weber, Ole Leifels


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Im Januar 2016 stranden zwei Pottwale vor Wangerooge, zwei auf Helgoland, je ein einzelner Wal vor Dithmarschen und Bremerhaven.
Eine Gruppe von fünf Walen strandet im niederländischen Texel. Eine zweite Gruppe von ebenfalls fünf Walen strandet in Südost-England.

Im Februar 2016 stranden acht junge Pottwale vor Dithmarschen/Kaiser-Wilhelm-Koog, zwei vor Büsum und je ein Pottwal strandet im französischen Calais und an der Südostküste Englands.
Im Januar 2016 stranden 28 Pottwale an den Küsten der Nordsee. Wangerooge(2), Helgoland(2), Dithmarschen(1), Bremerhaven(1), im niederländischen Texel(5) und in Südost-England(5).
Im Februar 2016 stranden 8 weitere junge Pottwale. Dithmarschen/Kaiser-Wilhelm-Koog(8), Büsum(2), im französischen Calais(1) und an der Südostküste Englands(1).
Ein Pottwal vor Pellworm
Zwei Pottwale vor Norderney
Drei Pottwale vor Friedrichskoog / Schleswig-Holstein / Nordseeküste
Ein Pottwal vor Rømø / Dänemark
20 Pottwale vor Rømø / Dänemark, Bremerhaven, Cuxhaven und den Niederlanden
25 Pottwale vor Rømø / Dänemark, Schottland und Norderney
22 Pottwale vor Niederlanden, UK, Belgien und Baltrum
Sechs Pottwale vor St Peter Ording / Schleswig-Holstein - von denen drei Tiere strandeten und weitere drei mit Unterstützung der Küstenwache gerettet werden konnten.
Sonderho / Fano (DK)
Hier strandete am 11.2.2016 ein toter Pottwal.
Helgoland
Bei Helgoland strandeten 2 Pottwale am 11. Januar. Die Tiere trieben bereits tot im Wasser.
Blauort / Blauort Sand
Am 3.2. strandete dort ein toter Pottwal.
Norderpiep (Fahrwasser)
Am 3.2. strandete dort ein weiterer toter Pottwal.
Trischen
Am 12. Januar strandete bei Trischen ein Pottwal. Im Magen des Tieres wurde ein Fischernetz gefunden.
Kaiser-Wilhelm-Koog
Hier strandeten am 31. Januar insgesamt 8 Pottwale (jeweils 15 bis 20 t Gewicht, 9 bis 12 m lang). Einige Tiere lebten bei der Strandung noch.
Eversand
Am Eversand (zwischen Cuxhaven und Bremerhaven) strandete am 12. Januar ein Pottwal.
Wangerooge
An der Insel Wangerooge strandeten am 13. Januar 2 Pottwale.
Texel (NL)
Am 13. Januar strandeten an der Insel Texel 5 Pottwale. Eines der Tiere strandete lebend.
Calais (F)
Hier wurde am 3.2. ein gestrandeter Pottwal gefunden.
Skegness (UK)
In der Nähe von Skegness strandeten am 24. Januar drei Pottwale.
Wainfleet (UK)
Am 25. Januar strandete ein Pottwal bei Wainfleet.
Hunstanton (UK)
Am 22. Januar strandete bei Hunstanton ein lebender Pottwal, der dann starb. Weitere Pottwale aus der selben Gruppe wurden gesichtet.
Nähe Holme-next-the-sea (UK)
Hier strandete am 3.2.16 ein lebender Pottwal, der am 4.2. starb.